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Bericht aus Berlin: Hauptstadt-Feldstudien der Teilnehmer des Schwerpunktbereichs 6 „Recht der Politik“

Bericht aus Berlin: Hauptstadt-Feldstudien der Teilnehmer des Schwerpunktbereichs 6 „Recht der Politik“ 

Die Hauptstadt ist untrennbar mit der Bundespolitik verbunden. Um die unterschiedlichen politischen Institutionen, die Akteure und die Abläufe vor und hinter der politischen Bühne kennenzulernen, unternahm der Schwerpunktbereich 6 „Recht der Politik“ vom 15. bis zum 17. Januar 2025 eine Exkursion nach Berlin. 

Ziel der Exkursion, die das Institut für Deutsches und Internationales Parteienrecht und Parteienforschung (PRUF) regelmäßig für die Schwerpunktstudierenden organisiert, ist die Veranschaulichung der unvermeidlichen, aber auch unentbehrlichen Verbindung von Wissenschaft und politischer Praxis. Ein breites parteipolitisches Spektrum, aber auch ganz unterschiedliche politische Institutionen und Akteure des Berliner Politikbetriebs standen auf dem Besuchsprogramm. 

Entscheiden auf faktischer Grundlage

Die besonderen Aufgaben und die Arbeitsweise der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages erläuterte den Studierenden der Leiter des Fachbereichs „WD 3 – Verfassung und Verwaltung“, Dr. Dierk Wahlen. Im Auftrag der einzelnen Abgeordneten und der Gremien des Deutschen Bundestages recherchieren und analysieren die Wissenschaftlichen Dienste Informationen und nehmen auf Wunsch auch gutachterlich Stellung, um die Abgeordneten bei der Wahrnehmung ihres freien Mandats zu unterstützen. Unter einem gewissen zeitlichen Druck gilt es mitunter, Ausarbeitungen zu teilweise höchst umstrittenen Sachverhalten – parteipolitisch neutral und sachlich objektiv – zu erstellen. Eine herausfordernde und zugleich sehr interessante Tätigkeit, die sich häufig mit Themen befasst, die auf der künftigen politischen Agenda stehen. 

Zwischen Wissenschaft und Think-Tank

Der Verfassungsblog ist eine vielbeachtete Plattform im Bereich des nationalen wie des vergleichenden Verfassungsrechts. Dass das nicht immer so war, berichtete den Studierenden dessen Gründer Maximilian Steinbeis. Früher galt ein Blog nicht als seriös genug, um eine wissenschaftliche Debatte zu tragen. Der Wandel sei langwierig gewesen und nur durch die Unterstützung aus der etablierten Wissenschaft tatsächlich gelungen. Der Verfassungsblog als wissenschaftliches und journalistisches Open-Access-Diskussionsforum stoße heute als Schnittstelle zwischen dem akademischen Fachdiskurs auf der einen und der politischen Öffentlichkeit auf der anderen Seite auf breite Akzeptanz und Unterstützung.

Im letzten Jahr sei u.a. durch das Thüringen-Projekt zudem die Arbeit als Think-Tank gestärkt worden. Das Thüringen-Projekt war ein vom Verfassungsblog initiiertes Forschungsprojekt zu Resilienz von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland, bei dem am Beispiel von Thüringen untersucht wurde, welche Spielräume eine autoritär-populistische Partei auf Landesebene hätte, um ihre Macht zum Schaden der Demokratie einzusetzen. Das Engagement für die Demokratie gehört zum Kern des Verfassungsblogs. Es ging darum, die Öffentlichkeit wie auch die Rechtswissenschaft für den Schutz der demokratischen Verfassung zu mobilisieren und für bislang unzureichend erforschte Fragestellungen in diesem Kontext rechts- und politikwissenschaftliches Wissen bereitzustellen. 

In einem Konferenzraum des Willy-Brandt-Hauses mit gutem Blick auf das berühmte Atrium schilderte Stefan Böltes, Justiziar beim SPD-Parteivorstand und zuständig für alle satzungsrechtlichen Fragen der Partei, den Studierenden seine Arbeit: Die Beratung der Untergliederungen in satzungsrechtlichen Fragen, die juristische Begleitung von innerparteilichen Wahlen, aber auch organisatorischen Aufgaben im Bereich der parteiinternen Schiedsgerichtsverfahren liegen in seinem Zuständigkeitsbereich. 

Blick auf die Rechtsprechung

Die Studierenden hatten zudem die Gelegenheit, an der traditionsreichen Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung „Berliner Jahresrückblick – Das Karlsruher Gerichtsjahr 2024“ teilzunehmen. Im Rahmen der Veranstaltung referierte Dr. Heike Merten, Geschäftsführerin des PRUF, zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Ausschluss der NPD/ Die Heimat von der staatlichen Parteienfinanzierung. 

Fraktionsarbeit ist ungleich Parteiarbeit

Bei einem Besuch der Bundestagsfraktion BÜNDNIS90/Die Grünen im Reichstagsgebäude berichteten zwei juristische Referentinnen den Studierenden über ihren Arbeitsalltag in der Fraktion: Das Geschäftsordnungsrecht, mit dem sich die Studierenden des Schwerpunktbereiches in den vergangenen Monaten intensiv auseinandergesetzt haben, sowie die juristische Begleitung der gesetzgeberischen Arbeit der Koalitionsfraktionen sei dabei immer aufs Neue gleichermaßen herausfordernd wie ereignisreich.

Die Studierenden konnten durch Prof. Dr. Klaus Hermann (Dombert Rechtsanwälte) zudem einen Einblick in die Perspektiven der anwaltlichen Tätigkeit im Öffentlichen Recht gewinnen. In seinem Vortrag stellte er ausführlich die vielfältigen Karrieremöglichkeiten für junge Juristinnen und Juristen im Öffentlichen Recht vor.

Die Exkursion wurde mit einem Besuch des Bundesrates, einem Verfassungsorgan, das in der öffentlichen Wahrnehmung oft im Schatten steht, abgerundet. Am Sitz der Länderkammer erhielten die Studierenden nicht nur Einblicke in den Plenarsaal und die weniger bekannten Abläufe der gesetzgeberischen Tätigkeit vor Ort, sondern auch in die bewegte Historie des Standortes.